Naschen in Neuss
Gesüßte Speisen waren im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit etwas sehr Seltenes. Und ohne die Römer hätte es sogar noch weniger süße Sachen am Niederrhein gegeben: Denn sie machten vor fast 2 000 Jahren den Obstanbau in der Region bekannt. Die von ihnen hier erstmals angebauten Äpfel, Pflaumen oder Trauben konnten zu Gelee gekocht und zum Süßen von Speisen verwendet werden.
Im Hochmittelalter brachten dann Kaufleute Rohrzucker aus dem Orient nach Europa. Einfacher Zucker war zu dieser Zeit ein Luxusgut, das sich nur wenige Reiche leisten konnte. Aber wer es sich leisten konnte, aß kandierte Früchte und Nüsse als „Confect“ zum Abschluss eines opulenten Festmahls. Die Übrigen mussten sich mit dem begnügen, was es vor der Haustür an Süßem gab: Dazu zählte neben dem Obst – frisch, getrocknet oder zu Sirup verarbeitet – vor allem Honig. Anfang des 19. Jahrhunderts setzte jedoch eine wahre Geschmacksexplosion ein! Mit dem Ende der Napoleonischen Zeit und dem Beginn der Industrialisierung wurde der Zucker immer preiswerter. Überall im Rheinland entstanden nun Konditoreien, zu deren Spezialitäten vor allem Torten gehörten, so auch in Neuss. 1826 eröffnete hier Carl Herkenrath eine Konditorei, in der er seinen Kunden „Bisquit-, San-, Orangen-, Citron-, Wiener-, Schweizer- und Punsch-Torten aller Art“ anbot.
Durch den Anbau der neu gezüchteten Zuckerrübe wurde Zucker ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Produkt, das sich immer mehr Menschen leisten konnten. Von Bonbons über die Milchschokolade bis hin zum Eis strömten viele neue Süßigkeiten auf den Markt und ermöglichten den Kunden vielfältige Entdeckungen in einem geschmacklichen Neuland. Ob in der eigenen Küche oder in den Konditoreien und Cafés: Torten, Kuchen und Gebäck wie Lebkuchen und Printen waren nun für jeden erschwinglich und führten zu einer „Demokratisierung“ des süßen Geschmacks.
Am Niederrhein, einem der Hauptanbaugebiete der Zuckerrübe, siedelten sich bald große Süßwarenfirmen an. Neuss wurde dabei zu einem Zentrum der rheinischen Süßwarenindustrie mit zahlreichen namhaften Produzenten. Zu ihnen gehörte etwa die 1881 gegründete „Zuckerwarenfabrik Otto Mayser“, die vor allem Bonbons und Lutscher herstellte. Internationale Bedeutung erreichte der Kakaound Schokoladenhersteller Novesia. Das Unternehmen wurde 1860 von dem Apotheker Peter Ferdinand Feldhaus gegründet und erlebte seine Blütezeit in den 1960er Jahren. Zu den bekanntesten Produkten gehörte die „Novesia Goldnuss-Schokolade“ mit garantiert (!) 27 ganzen Haselnüssen.
Die Ausstellung lädt ein zu einer Entdeckungsreise durch die Welt des süßen Geschmacks von den Römern bis in die Gegenwart. Und Sie werden sich wundern, wie viel Geschichte letztlich in einem einzigen Stück Schokolade oder einem kleinen Bonbon steckt!
Begleitprogramm
Die grosse Schoko-Schule: Familienführung mit Verkostung im Schokoladenmuseum Köln, 21. September 2019, 15 – 16.30 Uhr, Kosten: 16,- € inkl. Eintritt. Bei der Führung durch die Ausstellung des Schokoladenmuseums erfahren Kinder und Begleitpersonen, wie Schokolade entsteht. Der Rundgang führt auch in die Schoko-Schule, wo Riechen, Anfassen und Schmecken ausdrücklich erwünscht ist. Den Abschluss der Führung bildet eine kleine Schokoladenverkostung.
Anmeldung erforderlich im Schokoladenmuseum Köln: Tel.: +49 (0)221 / 93 18 88 42, schiffer@schokoladenmuseum.de
Schokoladentasting: Eine Veranstaltung der VHS Neuss, 11. Oktober 2019, 18.30 – 21.30 Uhr, Kosten: 26,80 €. Schokolade ist immer wieder ein Geschmackserlebnis und unwiderstehlicher Genuss! Bei diesem Schokoladentasting wird Hintergrundwissen über die Kakaopflanze, die Herkunft und Herstellung von Schokolade vermittelt. Zudem werden verschiedene Edelschokoladen mit allen Sinnen verkostet. Bitte nehmen Sie nicht teil bei Allergien auf Schalenfrüchte bzw. Nüsse.
VHS im Romaneum, Brückstraße 1 (EG, Raum E.127), D-41460 Neuss, Anmeldung erforderlich bei der VHS Neuss (Kurs-Nr. P626088K): Tel.: +49 (0)2131 / 90 41 51, vhs@stadt.neuss.de
Clemens Sels Museum Neuss
Am Obertor | D-41460 Neuss, Öffnungszeiten: Di – Sa: 11 – 17 Uhr | So + Feiertage: 11 – 18 Uhr. An jedem letzten Donnerstag im Monat bleibt das Museum bis 20 Uhr geöffnet. Tel.: + 49 (0)2131 / 90 41 41 | service@clemens-sels-museum-neuss.de, www.clemens-sels-museum-neuss.de